Lüften, lüften, lüften! Den Kanon meiner Mutter gegen den Kinderzimmermief zuhause hab ich noch heute in den Ohren. Früher wurde ich nach dem Fensteraufreißen mit genervten Blicken von meinen Top-tragenden Schulfreundinnen oder später von den riechschwachen Arbeitskollegen regelmässig gelyncht, heute werde ich um Rat gefragt: „Sag mal du Spezialistin des Lüftens, was hältst du von Raumluftreinigern gegen diese virenbehafteten Aerosole?“ Das kann ich gerne verraten…

Fenster auf oder doch besser Raumluftreiniger, Luftwäscher oder Ionisator?

Als Baubiologin beschäftige ich mich schon lange mit schlechter Luftzusammensetzung. So können durch die Anreicherung von flüchtigen chemischen Substanzen aus Baustoffen und Möbeln oder einen verdeckten Schimmelpilzbefall die Bewohner Kopfschmerzen, Schnupfen und Konzentrationsschwäche plagen. Mein Patentrezept: Lüften, Luftaustausch und Luftreinigung. Seit Corona ist das Geheimnis des richtigen Lüftens nicht mehr erst wichtig, wenn Schimmel im Schlafzimmer entstanden ist oder in der neuen Mietwohnung der Zigarettenrauch des Vormieters in die Nase steigt.

Luft ist das „Nahrungsmittel der Nase“

Bedenkt man, dass wir tagtäglich an die 8.000 Liter Luft bei 18.000 Atemzügen aus- und einatmen, sollte die Innenraumluft möglichst unbelastet sein. Bekanntermassen ist es ungesund, auf Dauer zu viel Zucker, tierische Fette oder Junkfood zu sich zu nehmen. Genauso schädlich ist langfristig eine schlechte Luftzusammensetzung für die Lunge und in der Folge für unseren Körper. Durch Corona weiß inzwischen jedes Kind, dass krankmachende Viren in der Luft liegen. Wenn zu viele virenbelastete Aerosolpartikel sich in der Raumluft vermehren, ist das Ansteckungsrisiko zu groß und es muss die Luft gereinigt werden.

Luftreinigung ist Gesundheitsschutz

Um sich gegen biologische Schadstoffe wie Viren und Bakterien zu schützen, haben wir inzwischen gelernt, dass eine Maske vor Mund und Nase helfen kann. Doch wir wollen daheim nicht auch noch mit der Maske rumlaufen – das Zuhause ist kein OP-Saal! Also heißt es lüften, um die Luft von den herumfliegenden Schadstoffen zu reinigen.

Manuelle Raumluftreinigung

Weil die Außenluft beinahe virenfrei ist, ist das klassische Durchlüften in Räumen immer noch die Option Nr. 1 sofern keine automatische Be- und Entlüftungsanlage im Haus eingebaut ist. Durchlüften heißt: die angereicherte Luft muss komplett ausgetauscht werden! Je nach Windströmung, Temperaturverhältnissen, Möblierung, Geometrie der Fenster- und Türenanordnung und Größe des Raumes geht das schneller oder dauert eben länger. Sogar in Intensivstationen wird zu rund 20 Prozent allein über Fenster gelüftet, heißt es in der ZEIT vom 12.11.2020.¹

Wer glaubt, kein gutes Gefühl für das richtige Lüften zu haben oder wer Kindern die richtigen Lüftungsintervalle in Schulen und Kindergärten lehren will, für den sind sogenannte Miefampeln hilfreich.²

Mit jedem Atemzug atmen wir Sauerstoff / O2 aus der Raumluft ein und atmen dann Kohlendioxid aus. Die Miefampel macht sich dies zunutze und zeigt den Kohlendioxidgehalt / CO2 der Umgebungsluft an. Wird ein Zuviel an CO2 erreicht, springt die Ampel auf Rot. Außerdem werden auch physikalische Werte wie relative Luftfeuchtigkeit und Temperatur angezeigt, Werte, die entscheidend sind, um z. B. Schimmelpilzbildung zu vermeiden. Mit der Miefampel bekommt man im Laufe der Zeit ein Gefühl für angenehme Wohlfühl-Luftverhältnisse, vermeidet Schimmelprobleme und kann sich besser konzentrieren.

Technische Raumluftreinigung

Option Nr. 2 sind elektrische Raumluftreiniger. Für ein effektives Hygienekonzept sind bereits einfache Geräte für Zuhause und am Arbeitsplatz sehr sinnvoll. Zwar streiten sich die Experten, ob Fensterlüftung oder Luftreinigungsgeräte effektiver sind, aber bis hier mathematisch-wissenschaftliche Einigkeit herrscht, empfehle ich die Kirche im Dorf zu lassen und sich mit einem nützlichen Gerät schnell eine verbesserte Luftqualität ins Haus zu holen.

Die flexibel einsetzbaren Geräte können auf jeden Fall in Räumen, die schlecht quer zu belüften sind oder in kleineren Arbeitsräumen und Klassenzimmern die Aerosole und Schadstoffe reduzieren. Je größer der Raum, desto stärker muss die Leistung sein und umso lauter wird das Geräusch, das von Ventilator und Motor ausgeht. Allerdings sind die Geräte, die für den Alltagsgebrauch in normal großen Räumen verwendet werden, geräuschlich nicht besonders störend. Als Orientierung sollte ein maximaler Schallpegel von 37 dB(A) nicht überschritten werden. Dass es funktioniert, kann ich bezeugen. Ich verwende seit Jahren ein Gerät, immer in der Heuschnupfenzeit im Schlafzimmer im sogenanntem Nachtmodus und tagsüber während des Arbeitens am PC. Ja, auch für Pollenallergiker und Hausstauballergiker sind Raumluftreiniger ein echter Segen!

Funktion von Raumluftreinigern mit Filtern

Raumluftreiniger filtern durch Ansaugung über einen einstellbaren Ventilator die Raumluft mithilfe verschiedener Filtereigenschaften. Meist kommen 2-Filter-Systeme zum Einsatz: ein Aktivkohlefilter aus Kohlenstoffvlies und ein HEPA-Filter, der eine lamellenartige Faser-Vliesstruktur hat. Um die Oberfläche zu vergrößern, werden die Lamellen gefaltet und gerahmt. Der Carbonfilter neutralisiert auch unangenehme Gerüche von Zigaretten oder Lösemittelgerüche und reduziert den Gehalt an Nikotin, Formaldehyd und anderen gesundheitsschädlichen chemisch-flüchtigen VOC. Ein HEPA-Filter verringert dann Viren, Bakterien, Pollen, allergene Feinstaubpartikel, Milbenrückstände und Schimmelpilzsporen. Idealerweise sollte das Gerät lungengängige Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser kleiner 3 µm filtern können, Messlatte ist hier die Filterklasse E12. So ist ein Raumluftreiniger auch ideal an verkehrsreichen Wohnungsorten! HEPA-Filtersysteme, die man reinigen kann, sollte man gegenüber Wegwerfbehältern bevorzugen, um Kunststoffabfall zu vermeiden. Dann muss man jedoch die empfohlene Reinigungsroutine unbedingt einhalten.

Funktionsweise von Ionisatoren

Neben Raumluftreinigern mit Filtervliesen gibt es auch Ionisatoren. Bei solchen Geräten wird mithilfe von Ozongasen durch elektrische Ladung ein Ionenüberschuss erzeugt. Die natürliche Luft gleicht negative und positive Ionen immer aus, kurzfristige Überschüsse werden – wie bei Gewittern – sofort entladen. In der durch unsere Nutzung stark veränderten Innenraumluft herrscht jedoch ein mehr oder weniger großes Ungleichgewicht zwischen den positiven und negativen Ionen. Partikel, die durch chemische Schadstoffe oder elektrische Felder angereichert werden, verhalten sich nicht mehr neutral. Bei Ionisatoren werden die Partikel an die Ionen gebunden und bilden dann sogannte Staubcluster, die durch Sedimantation aufgefangen werden können. Somit reinigen Ionisatoren zwar die Luft, da Ozongase jedoch stark schleimhautreizend sind und auf die Atemwege wirken, treibt man eigentlich den Teufel mit dem Beelzebub aus.

Funktionsweise von Luftwäscher

Von sogenannten Luftwäschern würde ich auch eher abraten. Hier werden zwar zusätzlich wichtige Parameter wie Luftbefeuchtung bei trockener Raumluft integriert, doch meist lässt die so wichtige regelmässige Wassertankreinigung in der Alltagsroutine nach und dann kann es eher zur schädlichen Keimbildung kommen. Um für ausreichende Luftfeuchtigkeit zu sorgen, solltest du auch hier einfach auf regelmässige Querlüftung achten, denn die Außenluft ist meist ausreichend feucht.

Mein Fazit für die richtige Raumlufthygiene:

  • Mach einfach mehrmals am Tag alle Fenster und Türen auf. Egal ob es regnet oder schneit, lass dich und deine Räume regelmässig durchpusten!

  • Als Ergänzung leg dir einen Raumluftreiniger mit 2-Komponenten Filter zu – gute Geräte gibt es schon ab 250 €.

  • So bist du auf der sicheren Seite gegen allerlei Schadstoffpartikel und du kannst richtig viel gegen jegliche Viren, die auf Aerosolen reiten, tun!

Übrigens: eine meiner ersten Haushaltsumstellungen nach dem Baubiologiestudium war die Anschaffung eines Staubsaugers mit einem HEPA-Filter! Ich habe es nie bereut!

Downloads:

Wenn du zur Orientierung wissen willst, wie die Außenluftqualität an deinem Ort ist, findest du beim Umweltbundesamt eine interaktive Karte, die die Werte am nächstgelegenen Messort anzeigt: https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/luftdaten

Ein interessantes Tool ist VIR-SIM 2.1, das von einem Sachverständigen für Innenraumanalytik und der Medizinischen Universität Wien entwickelt wurde. Mithilfe einer Eingabemaske kannst du herausfinden, wie hoch dein Risiko ist, dich in einem Raum mit COVID-19 über Aerosole anzustecken. Berücksichtigt werden auch Parameter von Luftreinigern. Spannend zu sehen, wieviel Lüften und Luftreinigen ausmacht! https://www.corona-rechner.at/

Wer schreibt?

Foto von Ilka Mutschelknaus, Innenarchitektin und Baubiologin (IBN)

Ilka Mutschelknaus ist Innenarchitektin und Baubiologin IBN. Nachdem sie 10 Jahre lang sachverständige Beratung zu "erkrankten" Häusern durchführte, steckt sie jetzt ihr Herzblut in die Beratung für baubiologische Tiny Häuser mit der Vision, dass dadurch gesundes und bezahlbares Wohnen für Alle möglich werden kann. Sie lebt und wirkt in Schongau, das liegt im malerischen Pfaffenwinkel. Mehr über Ilka

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Ilka Mutschelknaus ist Innenarchitektin und Baubiologin IBN. Nachdem sie 10 Jahre lang sachverständige Beratung zu "erkrankten" Häusern durchführte, steckt sie jetzt ihr Herzblut in die Beratung für baubiologische Tiny Häuser mit der Vision, dass dadurch gesundes und bezahlbares Wohnen für Alle möglich werden kann. Sie lebt und wirkt in Schongau, das liegt im malerischen Pfaffenwinkel. Mehr über Ilka